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Mittwoch, 2. Januar 2013

Stalken, und was weiß ich

Heute war wieder der erste Arbeitstag.
Zuerst wollte ich die Geschichte nicht aufschreiben bzw. veröffentlichen, weil es wieder meine Unfähigkeit zeigt. Aber es zeigt auch ein Phänomen in meiner Firma. Und ich glaube, dass es in vielen Firmen so üblich ist bzw. ein Ausdruck der aktuellen Kommunikations- und Beziehungskultur ist.

Aus Datenschutzgründen halte ich mich etwas oberflächlich.

Ein Klient einer Kollegin läßt immer wieder für mehrere Wochen rumänische Gruppen bei sich im Zimmer wohnen. Es sind immer mehrere Leute, auch Kinder sind dabei. Den Tag und den Abend über gehen sie ihren Geschäften nach und in der Nacht kommen sie ins Haus, kochen in der Gemeinschaftsküche und benutzen das Gemeinschaftsbad, lärmen auch. In den letzten drei Wochen sind es zwei jugendliche Prostituierte mit ihren beiden Aufpassern. Die anderen Bewohner fühlen sich durch die Anwesenheit gestört und sie sehen nicht ein, dass sie selbst sich an die Regeln halten, keine Besucher beherbergen zu dürfen, aber der rumänische Staatsbürger darauf scheißt und damit auch durchkommt.
Seit September 2012 gibt es immer wieder Beschwerden von Bewohnern, dass ständig Leute da sind.  Meine Kollegin entschuldigte das Verhalten des Mannes und meint, er arbeitet, dass ist wichtig und die Besucher sind Verwandte von ihm. Gerade vor Weihnachten, als ich alleine im Büro war, tauchten drei Bewohner bei mir auf, um mit meiner Kollegin zu sprechen, dass sie bitte etwas unternehmen soll. Es ist Weihnachten wieder zu Auseinandersetzungen gekommen, weil dieser Besuch so laut war und seinen Dreck in der Küche und dem Bad hinterließ. Als Bewohner sich bei dem Besuch beschwerten, wurden sie verbal und körperlich von den beiden Luden bedroht.
Ich schickte die Bewohner zur Chefin. Sollten tätliche Auseinandersetzungen zu Silvester stattfinden wollte ich nicht diejenige sein, die Bescheid wußte und nichts getan hat. Zumal die Bewohner auch ernst genommen werden möchten. Diese hörte sich die Beschwerden vermutlich an, verfasste einen Brief in dem sie den Rumänen aufforderter, seine Besucher sofort des Hauses zu verweisen und rief mich an, dass sie den Brief mit mir in das Zimmer des besagten Herrn legen möchte.
War OK für mich. Wir waren eine Stunde unterwegs, trafen den Menschen im Zimmer eh nicht an, hinterliesen den Brief und tratschten.
Aber ich habe ihr auch gesagt, dass mich die Angelegenheit nichts angeht, dass die Sache meiner Kollegin ist.

Und worüber ich den Kopf schüttle ist, dass heute die Chefin meiner Kollegin gegenüber die Angelegenheit mit keinem Wort erwähnte. Sie hat ihr wohl den Brief gemailt, aber das war es.
Ich musste meiner Kollegin berichten, was in ihrer Abwesenheit vorgefallen war. She was not amused. Aber ich sagte ihr auch deutlich, dass es ihre Angelegenheit ist (was nicht stimmt, es ist unsere Angelegenheit!) und ich mich nicht einmischen will.
Und dann tauchte heute wieder ein anderer Bewohner auf und beschwerte sich bei der Kollegin über die Zustände. Sie hört es sich an.

Was mich heute fassungslos machte war, dass die Chefin die Angelegenheit meiner Kollegin gegenüber mit keiner Silbe erwähnte!
Wir haben klare Regelungen des Aufenthaltes bei uns. Es ist die Angelegenheit meiner Chefin, dass sie dafür sorgt, dass diese eingehalten werden, wenn ein Mißstand bekannt wird. Bei uns anderen Mitarbeiterinnen macht sie das auch.
Und hier passiert wie immer nichts.
Ich war frustriert und verärgert, dass es sowas überhaupt geben darf und habe zum Trost Schokolade weggefuttert. Und statt mir zu Hause den Salat zu machen, habe ich zu Toast mit Butter und Wurst gegriffen!
Bin ich ein A...

Ich weiß eh was los ist. Die Kollegin ist behindert, es geht ihr immer schlechter und keiner will sich mit ihr die Finger schmutzig machen. Sie gilt offiziell als begünstigte Behinderte und ist unkündbar. Es wäre für das Renommee der Firma nicht gut, wenn man sie hinausbekommen möchte. Ausserdem braucht die Firma Behinderte, weil sie sonst eine Strafe zahlen müssen. Also läßt man sie dahinwerkeln, in der Hoffnung, dass kein allzu großer Blödsinn herauskommt.

Passiert uns anderen Kolleginnen eine ähnlich gelagerte Geschichte, müßten wir noch am selben Tag diesen unerwünschten Besuch persönlich hinauswerfen und den Klienten nach der 2. Verwarnung auch. Was auch richtig ist so.

Ich trainiere seit geraumer Zeit, dass ich mich auf meine Klienten konzentriere, die im Auge habe und auf small-talk-ebene mit den KollegInnen (intensivere oder ernsthaftere Gespräche wurden immer wieder abgeblockt, waren nicht erwünscht) verkehre.
Dann fällt mir auch bei den anderen nicht viel auf. Die nehme ich dann gar nicht wahr, nur mehr oberflächlich. Und wir grinsen uns in der Teeküche an, begrüßen uns sehr höflich, sprechen immer wieder ein paar Takte miteinander und lachen und was dahinter abgeht interessiert niemanden!
Ich habe das mit meinem Kollegen, der seine Ex im Betrieb stalkt ja gar nicht mitbekommen. Wie es dem geht oder überhaupt ist mir nicht aufgefallen, da ich ihn zwar höflich begrüße, aber ihn auch nicht mehr wirklich ansehe.
Ich muss euch sagen, mir geht es bedeutend besser, seit ich mich auf diese Umgangsform eingestellt habe. Aber grundsätzlich finde ich es schlimm. Sehr schlimm sogar und es macht mich auch traurig.

Und das nächste Mal, wenn ich mich wieder frustriert fühle und etwas passiert ist, könnte ich mir sagen, ihr könnt mich alle mal, verarschen lasse ich mich nicht. Ich schaue auf mich.
Zu Hause mache ich mir einen Salat und zur Beruhigung einen Tee. Ich kann mich schütteln und bewegen, dann geht die schlechte Stimmung auch vorbei.



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