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Mittwoch, 19. November 2014

Ein Schmerz ohne Ende

ANGELIKA WENDE: Aus der Praxis - Der negative Mutterkomplex oder v...: Das erste Liebesobjekt des Sohnes ist die Mutter, zu der er eine intensive körperliche und seelische Nähe sucht. ..


Das Folgende beschreibt ziemlich genau die Situation mit der ich mit dem Bruder und Familie zu tun habe. Der Beitrag beschreibt alles.

Der negative Mutterkomplex oder von der Mutter verlassen Söhne





Das erste Liebesobjekt des Sohnes ist die Mutter, zu der er eine intensive körperliche und seelische Nähe sucht. Durchläuft das männliche Kind eine gesunde Entwicklung ist es in der Lage, sich im Laufe der Zeit über die Pubertät, bis hin zum Erwachsen, aus dieser Bindung lösen. In einer gelungenen Mutter-Sohn-Beziehung hat der Mann die Fähigkeit entwickelt auch andere Menschen zu lieben.

Gelingt diese Ablösung nicht, wird die nicht gelöste Bindung zur Mutter, egal ob sie gut oder schlecht war, zum sogenannten Mutterkomplex und damit zu einem seelischen Problem für den Mann.

Man unterscheidet zwischen einem positiven und einem negativen Mutterkomplex. Männer mit einem positiven Mutterkomplex lieben ihre Mutter und mütterliche Frauen. Sie fühlen sich von mütterlichen Attributen angezogen. Männer mit einem negativen Mutterkomplex bleiben in der Beziehung zu ihrer Mutter stecken. Sie hängen emotional, wie man im Volksmund sagt - "an der Nabelschnur" - und entwickeln nicht die Fähigkeit sich in eine gesunde Bindung zu begeben. Das Innere dieser Männer ist besetzt von Urmisstrauen und Verlustangst. Das bedeutet, dass sich dieser Mann nicht altersgemäß aus der Bindung an die Mutter gelöst hat, sondern auf einer früheren Entwicklungsstufe stecken geblieben ist und daher lebenslang die Mutter suchen wird. Nur die gesunde Liebe zur Mutter legt die Grundlage für männliche Reife, Liebesfähigkeit und die Wertschätzung des Weiblichen.

Das Konzept der Komplexe ist eines der Konzepte der Jungschen Psychologie. Dazu gehört auch der Begriff „Mutterkomplex“. Nach C. G. Jung wird ein Mann, der ein problematisches Verhältnis zu seiner Mutter hat, sie verachtet, entwertet oder sogar hasst, Probleme mit dem Weiblichen haben. Ein Mann, der unter einem negativen Mutterkomplex leidet, kann u.U. seinen Hass auf die Mutter sogar unbewusst auf andere Frauen übertragen, indem er sie entwertet oder sie unbewusst fürchtet, weil er sich durch das Weibliche in seiner Männlichkeit verachtet und bedroht fühlt.
Negative Beziehungserfahrungen mit der Mutter sind die kindlichen Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit, Nähe, Umsorgtsein, Achtung und Liebe, die nicht erfüllt worden sind. 
Eine narzisstische, wenig beschützende Mutter beispielsweise oder eine ambivalente, unberechenbare Mutter, die für ihren Sohn nicht erreichbar bzw. begreifbar ist, sind für ein gelungenes Selbstkonzept des männlichen Kindes keine gute Basis. Durch den frühen Objektverlust kommt es in vielen Fällen zu Selbstentfremdung, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Aggressionsansammlung oder einer allgemeinen Aggressionsschwäche. Männliche Aggression im gesunden Maße aber wird gebraucht, um sich von der Symbiose mit der Mutter abzulösen und entschlossen eine Partnerin zu erobern. Nicht selten leiden diese Männer auch unter Depressionen oder sie betreiben Selbstdestruktion mittels Alkohol und anderen Drogen.
Gefühle wie innere Leere, Angst, Wut und Schuld bestimmen das seelische EmpfindenDie kindliche Erfahrung dieser Männerseelen ist das Gefühl des "Niedergemachtseins zum Nichts".
Das hat fatale Auswirkungen auf das spätere Selbsterleben und das Beziehungsverhalten. So lassen sich Mutter und Geliebte für diese Männer nur schwer in einer Person vereinigen, besonders wenn die Mutter eine zweideutige übermächtige Gestalt war. Zwiegesichtig wie die Mutter schwankt der Sohn in seinem Verhältnis zum Weiblichen, er weiß nicht, was es bedeutet männlich zu sein und fühlt sich der Frau unterlegen.
In der Beziehung zu einer Frau kommt es daher oft zu einer Objektfixierung, die durch Aufopferung und Abhängigkeit gekennzeichnet ist. Männer mit einer nicht eindeutig erlebbaren Mutter suchen unbewusst immer eine Partnerin die zwei Pole hat – einen in der sich Eigenschaften der Mutter wiederfinden und einen der von der Mutter verschieden ist. Im Laufe der Beziehung aber erlebt der Mann die Partnerin immer mehr als Mutter und umgekehrt die Frau sich selbst als Mutterersatz, denn sie wird unbewusst zum „Objekt des Lösungsversuchs“ der nicht gelösten Mutter-Sohn-Bindung funktionalisiert. Der Mann will einerseits mit der Frau verschmelzen, andererseits hält ihn sein Anklammern, sprich die kindliche Verschmelzungssehnsucht, genau da wo er einst als Sohn war – in der unerfüllten Sehnsucht nach sich selbst. In diesem Konstrukt wird die Partnerin gleichzeitig begehrt, gefürchtet und abgelehnt.
Auch Donjuanismus kann eine Folge des Mutterkomplexes sein. Wie das literarische Vorbild jagen diese Männer bindungsunfähig von Frau zu Frau, immer auf der unbewussten Suche nach der Mutter, die unerreichbar bleibt und zugleich im Tiefsten verachtet wird. 
Männer mit einem Mutterkomplex sind im Tiefsten allein. 
Die meisten von ihnen sind sich ihrer Mutterwunde nicht einmal bewusst oder sie winken ab, wenn man sie darauf anspricht. Aber auch wenn sie es ahnen, nicht viele Männer sind bereit sich der Mutter, die sie gefühlt nie hatten, oder sich der Wut auf die Mutter, die sie innerlich vernichtet hat, zu stellen. Sie bleiben ein Leben lang unglücklich und sich selbst ein unbekanntes Wesen, das zerrissen von der Sehnsucht nach Selbstliebe und Liebe leidet und fatalerweise die Frauen, denen sie begegnen, mitleiden lassen.
Um sich aus einem Mutterkomplex abzulösen gibt es nur einen Weg: sich die Beziehung zur Mutter genauer anschauen, auch wenn der Blick in ihre Richtung kein angenehmer Blick ist. Es schmerzt sich einer Vergangenheit zu stellen, die nicht reparabel ist, aber was ist die Alternative? Leid und zwar lebenslang.
Schließlich gehört es auch irgendwann dazu sich die Wut auf die Mutter einzugestehen. Wut kann sogar hilfreich sein um sich endlich von den mütterlichen Introjekten abzulösen und frei zu werden –  für sich selbst, um ein eigenständiger Mann zu sein und für eine erwachsene, mit den Schatten der Kindheit nicht belastete, gesunde Beziehung.

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