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Donnerstag, 19. November 2015

Ein Kollege kann eine bittere Pille sein

In den letzten beiden Wochen fühlte ich mich sprachlos. Das Schild, das ich zur Abwehr aufgestellt habe, hat funktioniert.
Es waren innere Kämpfe die ausgestanden werden mussten.

Bei meinem Kollegen, der mich so schmählich im Stich gelassen hat, als ich für ihn die heißen Kastanien aus dem Feuer holte, bringt es mir nur eigenes Leid, wenn ich ihn meide und mich gekränkt abwende von ihm. Dann stelle ich mich mit dem Gesicht zur Wand in eine Ecke und breche die Kommunikation zu meiner Umgebung damit ab. Auch nicht schön.
Die Situation vor drei Wochen mit dem schreienden, aggressiven, drohenden Klienten war einfach so nicht weiter tragbar. Für niemanden. Wie viele Wochen und Monate wäre das noch so dahingegangen, dass sich der Kollege, der Berufsanfänger ist, als Fußabstreifer für diesen Menschen zur Verfügung gestellt hätte und wir weiterhin täglich mit den Geschichten und den Aggressionen konfrontiert gewesen wären.
Ich habe Zivilcourage gezeigt und dem Kerl die Grenze aufgezeigt. Und seither ist Ruhe.
Das sich der Kollege nicht bedankte und einer Nachbesprechung verweigerte (für ihn ist der Hr... kein Thema mehr, er hat andere Sachen im Kopf), damit ich dieses schlimme Erlebnis mit der Polizei und dem Klienten, der im Zuge der polizeilichen Maßnahme Hausverbot erteilt bekam, verdauen kann, ist für mich sehr arg und unerfreulich gewesen. Ich habe dem Kollegen gesagt, dass es mir nicht gut geht mit der heftigen Aktion. Nein, er denkt nicht mehr daran.
Das war eine Ohrfeige für mich.

Seit diesem Ereignis meiden wir das Büro des jeweils anderen.
Und eigentlich braucht es für eine lockere Zusammenarbeit, wie bei uns im Büro, auch nicht mehr.

Ich habe es in dieser Woche geschafft, mich aus der Kränkung herauszubegeben und mich mit ihm auf Small Talk Ebene zu unterhalten. Er kann es annehmen und es würde von aussen niemand merken, dass die Stimmung zwischen uns getrübt ist. Auf ein fachliches Gespräch legen sowohl er als auch ich keinen Wert mehr.

Interessant finde ich dabei das Wort „gekränkt“, denn ich kränkle wirklich seit einigen Wochen herum, fühle mich geschwächt und werde immer wieder krank. 





8 Kommentare:

  1. oh, das ist wohl ein klassiker da zwischen euch.
    du hättest dich über ein wort des dankes gefreut, oder wenigstens spürbare anerkennung, auch wortlos.
    er fühlt sich vielleicht gedemütigt? will es schnellstens vergessen. keiner weiß es so genau. deshalb ist es gut, dass du aus deiner ecke herausgekommen bist! :-)
    und nun schau auf dich und was ich bei samarpan lernte, sollte die frage morgens lauten:
    wie kann ich MIR heute am besten dienen?
    hab es fein und gesunde dich.
    m.

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    1. Danke für deine klare Sicht und deinen Zuspruch.

      Wie ich mir heute am besten dienen kann, ja, das ist eine sehr gute Überlegung. Ich bin am Weg.

      An dich und die deinen herzliche Grüße
      ganga

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  2. Ich glaube, bevor Dich das Ganze noch mehr anfrisst und krank macht, solltest Du vielleicht versuchen auf Deine Weise damit abzuschließen. Wie er es anscheinend auch für sich gemacht hat.
    Womöglich magst Du den ganzen Driss aufschreiben und im Anschluß verbrennen, um es mit dem Rauch und reinigenden Kräutern der Göttin zu übergeben...? Nur so eine Idee. Denn offensichtlich tut Dir das Ganze nicht gut, geht Dir sehr nahe.
    Ich wünsche Dir ein schönes, unbeschwertes Wochenende und drück Dich, bis bald!

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    1. Hallo athena,
      diese unerquickliche Sache abschliesen ist eine gute Idee. Der Zeitpunkt ist reif dafür.
      Es stimmt, er hat es für sich abgeschossen und ich versuche es jetzt für mich abzuschliesen. Und ich werde es mit einem Ritual begehen. Deine Anregungen sind gut, auf dieser Linie bleibe ich.

      Liebe Grüße und Danke
      ganga

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  3. für mich klingt(klang) das wie ein schon lange mit der Situation überforderter, idealistischer Berufsanfänger. Da steht er nun mit seinen Idealen, die er nicht erfüllen konnte, es hat ihn persönlich getroffen, er hätte gerne selber, jetzt fühlt er sich ohnmächtig, weiß nicht, wie ihm geschehen ist. Einerseits ist er erleichtert, dass es vorbei ist, andererseits fühlt er sich schwach. Ich denke, der war schon drüber, und sich rauszuziehen, ist seine letzte Möglichkeit. Schenk ihm deine größere Erfahrung - nicht nur in der Praxis, auch im Nachhall.

    LG
    gann

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    1. Ja, er hat sicherlich probiert mit dem Menschen klar zu kommen und dass er überfordert war, wird wohl so gewesen sein. Deine Beschreibung wird wohl stimmen, aber ich grummle trotzdem vor mich hin.

      "Im Nachhall", ja das ist wahrscheinlich gut. Gut für uns beide. Ob ich die Größe aber dafür habe? Ich merke, dafür brauche ich noch um einiges mehr an Verständnis.

      Ich werde es mir im Arbeitsalltag genau ansehen.

      LG
      ganga

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  4. Liebe ganga, das klingt gerade nach viel Schmerz bzw. Kummer, den der Kollege verursacht bei Dir?

    Weisst Du, wie ich von Aussen die Situation betrachte?

    Da ist ein Mann, der nicht fähig ist mit Konflikten umzugehen, weshalb er das Problem mit seinem Klienten aussitzen wollte.

    Dann kamst Du, hast das Ruder in die Hand genommen und ihm seine Unfähigkeit gespiegelt, indem Du genau das getan hast, was er nicht konnte,.

    Was nun passiert ist, dass der Kollege Dich meidet, weil es ihm vermutbar sehr peinlich ist, dass er die Situation nicht selbst lösen konnte sondern auch noch Hilfe von einer Kollegin brauchte. Im Grunde hat es nichts mit Dir als Person zu tun sondern Du bist einfach diejenige,die ihn wohl unterbewusst an sein Versagen "erinnert" und nun tut er das, was er ja vorher auch schon die ganze Zeit tat - den Schwanz einziehen und jede Konfrontation vermeiden.

    Für mich wäre die Frage, was daran Dich so verletzt? Wo fühlst Du Dich getroffen? Und was hättest Du Dir vom Kollegen gewünscht? Ist das vielleicht etwas, was Du Dir früher schon von anderen Menschen gewünscht hättest? Und wie kannst Du Dir das auch selber geben?

    Das sind viele Fragen und Du musst mir keine beantworten, aber vielleicht helfen sie Dir ja weiter.

    Ich wünsche Dir jedenfalls, dass der Schmerz bald vergeht und wieder Ruhe einkehrt.

    Sei lieb gegrüsst,
    Clara

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    1. Liebe Clara

      danke dir für deine klarsichtige Analyse.
      Ich erinnere mich an Geschichten die er erzählte, bei denen ich damals den Eindruck hatte, dass er feig ist.
      Ich bin ja auch nicht eine, die konfrontativ ist, aber so ein Verhalten ist mir fremd. Ich würde einfach nie einen Kollegen in solch einer Situation hängen lassen.
      Das ist auch zum Genieren.
      Und das Hängen lassen geht dann weiter. Ich hätte mir erwartet, dass er mit mir die Bürde trägt.
      Für mich ist es kein Problem, wenn er Unterstützung in solch einer Situation braucht, aber ich brauche dann auch die Unterstützung von ihm, denn solche Situationen sind mit ganz viel Wut und Hass verbunden und die bekommt die oder derjenige ab, der handelt.

      Und jetzt schreibe ich nicht mehr weiter, sondern gehe nachdenken.
      Mit deinen Fragen.

      Liebe Grüße
      ganga

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